Also gut, ich gebe es zu, trotz all meiner Schwärmerei, es gab natürlich auch immer Dinge, vor denen ich Angst hatte. Ich sage bewusst hatte, denn umso älter die Kinder werden, umso kleiner werden die Sorgen – zumindest beim Reisen.

Meine größte Angst war immer, dass irgendwann mal der Zug abfährt und eine von uns alleine auf dem Bahnsteig zurückbleibt, deshalb war ich heil froh, als meine Tochter alt genug oder besser stark genug war und ihr Rad alleine in den Zug bekommen hat. Das Verladen der Räder mit samt dem ganzen Gepäck ist immer so eine Sache für sich. Entweder frau bietet alle Kräfte auf, die sie hat, und hievt das Rad samt Gepäck in den Zug, was nicht gern gesehen wird, oder man packt ab und schleppt alles einzeln in den Zug, was natürlich Zeit kostet. Ich persönlich stehe ja auf die erste Variante, denn so ist man zumindest sicher, dass auch alles im Zug ist und ordnen kann man dann in Ruhe nach der Abfahrt. Wichtig ist natürlich, dass man ausgiebige Umsteigezeiten einplant, denn nicht alle Bahnhöfe haben Fahrstühle und nicht in alle Fahrstühle passen auch Fahrräder. So hab ich beispielsweise Mal in Amsterdam zu knapp kalkuliert. Wir waren schon öfter am Amsterdamer Bahnhof und wussten, dass es auf jedes Gleis einen Fahrstuhl gibt. Dumm nur, dass ich mir vor dieser Tour ein neues Rad mit einer größeren Rahmengröße gekauft hatte. Prompt passte das Rad nicht mehr in den Aufzug und wir haben unseren Anschlusszug knapp verpasst. Generell gilt aber auch beim Bahnfahren mit Rad: Nur die Ruhe bewahren und einfach dreist um Hilfe bitten. Übrigens geraten beim Einsteigen fast alle Radler in Stress und wir haben in dieser Situation schon oft den vermutlich ersten Streit des Urlaubs miterlebt.

Was besser auch nicht passieren sollte, ist, dass nach vielen Kilometern der lang ersehnte Campingplatz nicht mehr existiert oder wegen Überfüllung geschlossen ist. Ersteres ist mir einmal passiert, seither recherchiere ich alle Campingplätze, die wir ansteuern wollen im Internet. Und Achtung: Das Vorhandensein einer Homepage allein reicht als Beweis für die tatsächliche Existenz nicht aus. Guckt bitte auch, wie aktuell die Homepage ist und im Zweifelsfall ruft einfach kurz an. Das wir keinen Platz bekommen sollten, weil der Campingplatz voll war ist uns schon mehrmals passiert. Hier bleibt meist nur die Tränendrüse und die funktioniert umso besser je kleiner die Kinder sind. Welcher Campingplatzwart schickt einen schon weg, wenn man ihm das völlig erschöpfte Kind vorführt und im glaubhaft verklickert, dass es schon 70 Kilometer gefahren ist? Bei uns hat es immer geklappt. Allerdings nur solange bis meine Tochter so etwas 14 Jahre alt war und mittlerweile im Radrennsportverein. Vermutlich hätte sie da ihre völlig erschöpfte Mutter vorführen müssen. Die Peinlichkeit habe ich mir aber bisher gespart. Stattdessen hatten wir immer Glück, dass irgendwelche Dauercamper gerade nicht da waren und wir sozusagen in ihrem Vorgarten die Nacht verbringen konnten. Wenn nichts mehr Hilft, kann man auch andere Camper um Hilfe bitten, denn meist sind die Parzellen so groß, dass man da noch ein kleines Zelt für eine Nacht aufstellen kann. Also in jedem Fall nicht von dem berühmten Schild Voll – Completo abschrecken lassen, sondern immer nett fragen und vielleicht etwas jammern.

Blöd ist auch, wenn man unterwegs an keinem Supermarkt vorbeigekommen ist oder das einkaufen immer wieder in den nächsten Ort verschoben hat, weil man den Kram nicht die ganze Zeit in der Gegend herumkutschieren wollte. Kurz und gut, was, wenn man Abends noch einmal los muss? Ehrlich gesagt war ich da immer sehr … ja was eigentlich? In jedem Fall habe ich Jana, ihr Einverständnis vorausgesetzt, auch mal allein auf dem Campingplatz gelassen. Allerdings durfte sie immer selbst entscheiden, ob sie es sich zutraut oder nicht. Ich bin dann meistens geradelt wie eine blöde aber im Nachhinein denke ich, dass es auch viel zu ihrer Selbstständigkeit beigetragen hat und letztendlich kann auf so einer Tour auch immer etwas passieren, wo die Kinder plötzlich ganz eigenständig handeln müssen.

Was ich allerdings bis heute nicht gemacht habe ist ein Notfallplan. Meine Mutter hat mich immer gefragt, ob Jana denn wisse, was sie tun muss, wenn mir etwas passiert. Gründe für den fehlenden Notfallplan gibt es mehrere: Ersteinmal denke ich positiv und es wird schon alles gut gehen, zweitens wollte ich ihr auch nicht die Tour mit: Was alles passieren kann verderben und drittens hab ich ihr eigentlich schon immer zugetraut, dass sie instinktiv richtig handeln wird.Der ein oder andere mag das naiv oder verantwortungslos nennen, aber mal ehrlich: was bringt es, wenn ich meiner Tochter auf einen Zettel schreibe, was sie der Notrufzentrale in Italien erzählen soll, wenn mir etwas passiert? Erstens hätte das Handy garantiert keinen Empfang und wenn doch würde sie eh nicht verstehen, was man ihr antwortet.

In diesem Sinne rate ich allen Eltern einmal eine Radreise zu machen, es ist in jedem Fall ein tolles und unvergessliches Erlebnis und wenn es gut läuft wird daraus ein unschlagbares Radreiseteam, wie bei uns.

Wie immer freue ich mich über eure Kommentare und Likes und entschuldigt die fehlenden Fotos. Es gibt unzählige tolle Bilder von meiner Tochter ONTOUR aber ich stehe auf dem Standpunkt, dass diese im Internet nichts verloren habe.