Die Camargue, das war in unserer Vorstellung ein Landstrich mit Pferden, Flamingos und schwarzen Stieren, na ja und natürlich Mücken. Selbstredend alles frei, wild und urwüchsig. Das jährlich rund eine Millionen Touristen genau dieselbe Urwüchsigkeit suchen wie wir, hatten wir in unserer Vorstellung eben mal ignoriert.

 

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

 

Na ja und als Pferdenarren war natürlich auch klar, dass wir die Camargue auf dem Rücken eines Pferdes erkunden, doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt

Ankunft in der Camargue

Es ist schon spät, als wir das Gebiet der Camargue erreichen. Dafür werden wir jedoch Zeuge, wie mehrere Gruppen von Flamingos ihren Standort wechseln, und mit der untergehenden Sonne im Hintergrund ist es ein sagenhafter Anblick. Leider findet sich nie die richtige Haltebucht zum richtigen Zeitpunk und so bleibt das Bild lediglich in unserer Erinnerung.

Laut Reiseführer gibt es in Les Saintes Maries de la Mer zwei Campingplätze.

 

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

 

Da der eine als schattenlos und mit viel jungem Publikum beschrieben wird, machen wir uns auf zum Campingplatz Clos du Rhone. Als wir ankommen können wir zwar den Sonnenuntergang noch schnell in einem Bild festhalten, an der Rezeption ist jedoch niemand mehr. Wir fragen uns durch und erfahren, dass der Herr in einer halben Stunde zurück ist. Okay wir warten. Und tatsächlich, nach einer halben Stunde taucht ein Mann auf und bittet uns in die Rezeption. Zunächst scheint alles klar zu sein und wir freuen uns, nach einem langen Tag endlich anzukommen.

 

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

 

Doch das Blatt wendet sich als wir angeben, dass wir keinen Strom brauchen. Plötzlich ist der Platz belegt. Haben wir da etwas missverstanden oder will er uns nicht, weil wir nur ein kleines Zelt, sozusagen ohne alles haben? Beschwören kann ich es nicht, dennoch bleibt uns nichts anderes übrig, als zu dem anderen Campingplatz zu fahren. Inzwischen ist es 21.00 Uhr und natürlich stehen wir auch hier vor verschlossener Tür. Ich verfluche diesen Roadtrip, denn mit dem Fahrrad hätten wir uns jetzt einfach an der Schranke vorbeigemogelt und uns morgen angemeldet. Aber gut, wir sind nun einmal mit dem Auto unterwegs und so klemme mir die nötigsten Sachen unter den Arm. Da taucht ein Nachtwächter auf und befreit uns von all unseren Sorgen. Wir können uns anmelden, bekommen einen Platz zugewiesen und was eigentlich das wichtigste ist, wir können auf den Platz fahren. Froh, dass der Abend doch noch gut ausgegangen ist, steigen wir aus dem Auto und machen sofort Bekanntschaft mit einer der tatsächlich freilebenden Spezies in der Camargue.

 

 

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

 

Ehe wir auch nur irgendetwas tun können machen sich gefühlte 100000 Mücken über uns her. Verzweifelt ziehen wir lange Hosen, Socken und Pullis aus dem Kofferraum und erst als nahezu alle Körperteile geschützt sind tränken wir uns großzügig in Autan. Wir kochen noch und verschieben alles Weitere auf den nächsten Tag.

 

Auf Erkundungstour durch die Camargue

Als ich am Morgen vorsichtig das Zelt öffne, wird schnell klar, dass die Hauptangriffszeit der Mücken in den Abendstunden liegt. Wir erstehen ein Baguette, frühstücken gemütlich und machen uns auf nach Les Saintes Maries de la Mer. Wie wir nun die Gegend entdecken wollen ist noch unklar und der Besuch der Touriinformation ist nicht gerade hilfreich. Entweder waren die beiden Damen mit dem falschen Fuß aufgestanden oder sie hatten einfach keinen Bock auf blöde Touris (was ich durchaus nachempfinden kann).Von der Idee mit dem Pferd sind wir seit gestern jedoch abgerückt. Der Grund: Auf unsrer Fahrt hierher sind wir an zahlreichen Anbietern vorbei gefahren und obwohl- rein zeitlich- nicht mehr mit einer Touristengruppe zu rechnen war, standen die Pferde gesattelt und getrenst, angebunden in der Sonne. Das gleiche Bild heute Morgen. Für uns ein klares NOGO, was wir nicht unterstützen wollen.

 

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

 

 

Natürlich kommt man auch mit dem eigenen Auto zurecht, doch auch hier wieder ein Stopp. Die Camargue ist Naturschutzgebiet, da muss nicht jeder Depp, nur weil es nicht ausdrücklich verboten ist, mit dem eigenen Wagen rumcruisen. Wir trinken noch einen Kaffe und entschließen uns Fahrräder zu mieten. Zum einen vermissen wir das Radfahren und zum anderen scheint es genau das richtige Verkehrsmittel zu sein. Und so mieten wir für 17,00 Euro pro Person neuwertige Mountainbikes und machen uns auf den Weg. Zunächst geht es entlang der Straße und nach einigen Kilometern biegen wir auf einen geschotterten Weg ab.

 

 

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

 

Flamingos haben wir bis hierhin schon viele gesehen, wilde Pferde oder gar Stiere noch nicht. Plötzlich kommt eine Staubwolke auf uns zu – sollte das etwa eine Herde Stiere sein? – Nein daran haben wir nicht wirklich geglaubt , es ist eine Horde Touris, die eine der teuren Jeeptouren gebucht hat und nun ganz safarilike auf die wilden Tiere wartet. Die Insassen stehen im Wagen, recken ihre Köpfe in den Wind und johlen. Selbst wenn es hier wild lebende Tiere geben sollte, so bekommen sie sie garantiert nicht zu Gesicht. Wir müssen echt lachen, denn was uns da gerade begegnet ist waren zwar keine wilden Büffel aber Touris wie aus dem Bilderbuch. Aber immerhin wissen wir jetzt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.

 

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

 

 

Und dann stehen sie plötzlich vor uns, die weißen Camarguepferde, doch nicht etwa mitten auf dem Weg, wie wir es aus den Pyrenäen von Kühen und Ziegen kennen, nein hinter einem Weidezaun. Letztendlich bekommen wir auch noch schwarze Stiere zu sehen, doch dafür muss ich mein Zoom bis ans Limit bringen und natürlich stehen auch sie auf eingezäunten Weiden.

 

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

 

Was wir aber stattdessen gesehen haben sind Vögel, seltene Pflanzen und ein Nutria, leider war hier die Camera wieder nicht schnell genug zur Hand.

 

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

 

Spaziergang durch Les Saintes Maries de la Mer

Nach X kilometern geben wir zufrieden die Räder ab und schlendern noch etwas durch den Ort und geraten vor der Notre Dame de la Mer in eine traditionelle Hochzeit. Hoch zu Ross und in traditionellen Trachten zeigt sich die Hochzeitsgesellschaft. Anders als vielen anderen verbietet mit hier meine Erziehung Fotos zu machen. Mal ehrlich, willst du auf deiner Hochzeit fotografiert werden und dich dann womöglich auf Instagram oder auf einem Reiseblog wiederfinden?! Ansonsten ist der Ort durch kleine Gassen geprägt, die leider einen Souveniershop neben dem anderen beherbergen.

 

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

 

Einmal im Jahr ist alles anders

Einmal im Jahr und zwar am 24. und 25. Mai haben mal nicht die Touristen in Les Saintes Maries de la Mer die Oberhand, sondern Sinti und Roma aus aller Welt, denn Les Saintes Maries de la Mer ist für sie ein Wallfahrtsort. Der Legende nach wurden nach dem Tod Christi einige seiner Anhänger in einem Boot ohne Segel und Ruder ausgesetzt, welches in der Provence strandete. Unter den Insassen befanden sich auch Maria Magdalena Maria Jacobaa und Maria Salome, sowie ihre Dienerin Sarah, die aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe eine Zigeunerin gewesen sein soll. Ursprünglich ist Les Saintes Maries de la Mer durch die gebeine der marien zum wallfahrtsort geworden, doch vermutlich seit Ende des 19. Jahrhunderts pilgern Sinti und Roma in den Ort, um ihrer Schutzpatronin zu huldigen und für viele ist diese Pilgerfahrt der religiösn und soziale Höhepunkt des Jahres. Während die Festtage im Mai heute vom Tourismusverband vermarktet werden, wird gerne verschwiegen, dass man die Sinti und Roma außerhalb der Festtage lieber weit weg von der Stadtgrenze sieht und auch daran, dass das Vichy-Regime nur wenige Kilometer von Arles ein Konzentrationslager für Sinti und Roma eingerichtet hatte, möchte heute keiner mehr erinnert werden.

 

Fazit

Also zunächst einmal ist der Campingplatz La Brisa nicht so schlimm, wie er sich anhört und zweitens ist alles halb so wild. Versteh mich jetzt bitte nicht falsch, die Camargue ist ein echtes Erlebnis und sowohl die Pferde als auch die Stiere sind beeindruckend, doch eben nicht, wie manch einer der Tourenanbieter versucht weiß zu machen wild. Zumindest nicht dort, wo Touristen sich aufhalten.

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

Ich kann eine Erkundung mit dem Fahrrad nur empfehlen, denn so hast du auch einen Blick für die Pflanzen und Tiere am Wegrand.

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

Ganz davon abgesehen sind die Wege gut befahrbar und es ist topfeben. Außerdem kannst du anhalten wo und wann du möchtest, was bei einer geführten Tour egal ob mit dem Pferd oder einem Jeep nicht oder nur begrenzt möglich ist. Auch Les Saintes Maries de la Mer lädt durchaus zu einem Spaziergang ein. Das Zentrum ist immer noch durch flache und weiß getünchte Häuser geprägt und gerade im Frühjahr mit zahlreichen Blüten ein echter Hingucker.

Die camargue - Vorstellung und Wirklichkeit

 

 

 

 

Um die Schönheit des Dorfes zu entdecken empfiehlt es sich, mal die ein oder andere Gasse ohne Läden und Restaurants entlang zu schlendern und die Augen offen zu halten.

 

Hilfreiche Informationen:
Übernachten:

In Les Saintes Maries de la Mer gibt es zahlreiche Hotels und Hostels und wie bereits erwähnt zwei Campingplätze. Auch in den umliegenden Weihlern und kleinen Dörfern gibt es schicke und im Landhausstil gehaltene Unterkünfte. Da wir bereits Ende Mai auf dem einen Campingplatz keinen Platz mehr für ein kleines Zelt bekommen haben, empfiehlt es sich in der Hauptsaison im voraus zu buchen

 

Anreise mit Öffentlichen Verkehrsmitteln:

Es gibt Ganzjährig eine Busverbindung von Arles und in den Sommermonaten ist zusätzlich die Anreise über Aigues-Mortes und Saint-Gilles möglich.

 

Mückenschutz

Im Ort selbst gibt es kein nennenswertes Mückenproblem. Auf den Campingplätzen und außerhalb der Orte empfiehlt es sich bei Einbruch der Dämmerung lange Kleidung zu tragen. Relativ unbeeindruckt waren die Viecher übrigens auch von unserem Autan tropical. Wer mit möglichst wenigen Mückenstichen die Gegend wieder verlassen möchte sollte vor Ort das überall angebotene Mittel kaufen. Wir haben damit zumindest gute Erfahrungen gemacht.

 

Fahrradverleih

Im Ort bieten verschiedene Anbieter Fahrräder an. Wir haben unsere bei Le Velo Saitois in der Avenue de la Republique gemietet und waren mit den Rädern und dem Service sehr zufrieden.

Warst du schon einmal in der Camargue oder planst du eine Reise dorthin?. Ich freue mich über Kommentare und Fragen.

 

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