Bei Lichte betrachtet war heute ein ganz normaler Samstag. Soll heißen, ich habe nichts anderes gemacht als an anderen Samstagen auch – na ja, zumindest an manchen.
Ich habe die Wohnung meiner Mutter bezugsfertig gemacht, sollte sie tatsächlich nächste Woche aus der Kurzzeitpflege kommen. Was wir alle natürlich nicht hoffen, denn da ist sie gerade am besten aufgehoben.
Ich bin ein gutes Stück weiter bei der Abarbeitung meiner noch ausstehenden Aufträge. Ich habe Wäsche gewaschen und eine Wanderung für Morgen geplant.
Alles ganz normal also. Aber eben doch nicht. Mal ganz davon abgesehen, dass ich jetzt eigentlich meinen Rucksack für eine Zweitagestour durch die Eifel packen würde, kann ich einfach nicht komplett abschalten und es fällt mir auch schwer, mich zu konzentrieren.
Immer wieder erwische ich mich dabei, dass ich durch die unterschiedlichen Social Media Kanäle zappe und damit Zeit vergeude, dich ich so viel besser nutzen könnte. Zumal mich nur ein Bruchteil von dem, was ich dort sehe wirklich interessiert. Ich will weder lesen, wer welche Reise absagen musste, noch brauche ich die Zukunftsprognosen von Hobbysoziologen und Hobbyökonomen. Das hört sich jetzt gemein an, soll es aber nicht sein oder nur in einigen Fällen, denn schließlich spamme ich dich ja auch mit meinen Befindlichkeiten zu.
Wozu ich irgendwie völlig die Lust verloren habe, ist meine eigenen Kanäle zu bespielen oder Reiseberichte zu schreiben, dabei hätte ich jetzt ja wirklich Zeit.
Das mit der Zeit ist eh so eine Sache. Wie oft habe ich mir gewünscht, mehr Zeit zum Schreiben und Wandern zu haben. Vermutlich kennst du den Satz auch von dir: “Wenn ich mehr Zeit hätte, dann …“
Pustekuchen, jetzt habe ich nichts so viel wie Zeit und was ist? Wo bleibt die Umsetzung all der guten Ideen, die ja bisher immer nur an der fehlenden Zeit gescheitert sind? Gut, ich gebe zu, die äußeren Umstände lähmen auch ein bisschen, doch mittlerweile frage ich mich, ob die fehlende Zeit nicht einfach nur eine faule Ausrede ist und ob wir uns nicht ein gutes Stück von unserem Stress einfach selber machen? Oder aber auch, wie wichtig sind mir diese ganzen Projekte, die ich im Kopf habe wirklich, wenn selbst jetzt ihre Umsetzung scheitert.
Okay, ich bin noch nicht lange zu Hause und vielleicht wird es ja auch noch etwas. Sicher bin ich mir jedoch, dass ich mich mit anderen Augen sehen werde, wenn diese Zeit hier vorbei ist.
Eine erschreckende Selbsterkenntnis hatte ich heute schon: ich halte mich ja wirklich für anspruchslos und minimalistisch aber ich habe offensichtlich einen Knall, was einen vollen Kühlschrank angeht. Oder aber einen Hang zur Lebensmittelkaufsucht. Das Katzenfutter reicht noch, wir haben noch Wurst und Käse und genügend Gemüse, um die nächsten tage etwas Leckeres zu zaubern und trotzdem drehen sich meine Gedanken – na ja nicht ständig, aber doch oft-darum, was eingekauft werden muss.
Wie sieht es bei dir aus? Hast du irgendwelche Projekte für die kommende Zeit? Ist dir auch schon etwas an dir aufgefallen, was du nicht erwartet hättest? In die Kommentare kannst du gerne schreiben, was dich in dieser Zeit so umtreibt, wie du die Zeit vertreibst oder was dir sonst so auf dem Herzen liegt.
Liebe Anja,
hab deinen Blog über Facebook gefunden (wir waren zusammen auf dem Herder).
Bin zur Zeit im Homeoffice, aber ich kann auch nicht abschalten und sorge mich um meine Eltern und Freude. Irgendwie wirkt alles normal, aber man weiß, dass es gerade nicht normal ist. Wie ein Radio, das leise im Hintergrund spielt.
Ich wünsche euch alles Gute, bleib gesund und die Lust an der Beschäftigung hoffentlich bald wieder, wenn man sich an diese beklemmende Situation irgendwie “gewöhnt” hat. Ich bin gerade in München (und werde es wohl auch noch länger bleiben) und hier fahren Polizei und Feuerwehr durch die Straße und fordern uns per Lautsprecher auf, in der Wohnung zu bleiben. Sehr gespenstisch.
Ich freu mich, deinen Blog zu lesen! Liebe Grüße von Claudia
Hallo Claudia,
schön von dir zu hören aber was machst du denn in München. Meine letzte Info war, dass du in Berlin lebst?
Um meine Mutter muss ich mir gerade ein Glück keine Sorgen machen. Mal abgesehen davon, dass sie natürlich darunter leidet uns nicht sehen zu können. Sie lag noch im Februar auf der Intensivstation und da sie bei Entlassung noch nicht wieder so fit war, um alleine in der Wohnung zu leben ist sie in die Kurzzeitpflege gekommen. Wir hatten wirklich so ein Glück, denn während meine Mutter auf dem Weg dorthin war, bekam ich schon einen Anruf, dass die Einrichtung ab sofort dicht ist.
Ansonsten versuchen Jana und ich uns tapfer zu schlagen. Immer, wenn dies gerade schwer wird, sagen wir uns, welch Glück wir haben, dass wir zu Hause sein können.
Claudia ich wünsche dir alles Gute, bleib gesund und vielleicht sollten wir uns nach alledem endlich mal treffen.