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Die Letzten unserer Radreise brechen an, nun geht es mit dem Fahrrad an der Amalfi Küste entlang
Von Salerno nach Marina del Cantone
Nachdem wir schon die Abruzzen und den Gargano hinter uns gelassen haben, geht es nun auf den letzten Teil unserer Reise, die Amalfi Küste und der Golf von Neapel. Trotz unserer gestriegen Odyssee nach Salerno und der kurzen Nacht sitzen wir tatsächlich um Punkt 6.30 Uhr in dem Café vor dem Hotel und frühstücken.
Die Fahrt durch Salerno klappt reibungslos und obwohl wir nicht sehr viel von der Stadt sehen, sind wir begeistert und wollen in jedem Fall noch einmal mit etwas mehr Zeit hierher zurückkommen. Wir nähern uns unaufhaltsam der berühmt berüchtigten Küstenstraße nach Amalfi und mir ist etwas mulmig zu Mute. Im Vorfeld hatten wir lange überlegt, ob wir diese Tour, die viele nicht einmal mit dem Auto fahren wollen, tatsächlich mit dem Rad wagen sollten. Nicht selten wurden wir von Freunden für vollkommen verrückt erklärt. Doch was gibt es schöneres als eine Traumstraße mit dem Fahrrad? Und so machen wir uns nun auf den Weg.
Kurz hinter Salerno wird die Straße immer enger, doch als uns der erste italienische Rennradfahrer entgegen kommt sind meine Bedenken verflogen und außerdem habe ich bei dieser sagenhaften Landschaft auch gar keine Zeit für Angst oder Bedenken. Ich muss mich wirklich bremsen um nicht alle 100 Meter für ein Foto stehen zu bleiben. Es ist wirklich sagenhaft schön und obwohl die Straße wirklich sehr eng ist, lässt es sich gut fahren. Wir sind mal wieder begeistert, wie viel Rücksicht die Italiener auf Fahrradfahrer nehmen. Zu Gute kommt uns natürlich auch, dass die Straße noch relativ leer ist und auch die Autos hier langsam fahren müssen.
Je näher wir nach Amalfi kommen um so voller wird es und kurz vor dem Ort stehen wir sogar im Stau. Mittlerweile sind auch die Touribusse unterwegs und der Verkehr nimmt deutlich zu. Nach dem Ort geht es aber wieder. Wir genießen die Landschaft in vollen Zügen und kommen aus dem Staunen nicht mehr raus.
Ein Haus ist schöner als das andere und die Jachten, die hier liegen sind so groß wie Passagierschiffe. Bei der nächsten Pause philosophieren wir zwangsläufig über Reichtum und stellen fest, dass wir mit den Menschen dort unten auf den Booten nicht tauschen wollen. Wir trinken an einem Straßenrand noch einen frischgepressten Saft und machen uns wieder auf den Weg. Hinter jeder Kurve wartet eine neue tolle Bucht oder ein wahnsinns Ausblick auf uns.
Trotz zahlreicher Steigungen kommen wir gut voran, doch gegen Nachmittag merken wir auch, dass unsere Kräfte nachlassen. Eigentlich ist es schade, dass wir die Strecke in einem Tag fahren müssen aber es gibt an der Amalfi Küste nur einen Campingplatz und der ist leider am Ende. Ein Hotelzimmer in dieser Gegend hätte ganz klar unser Budget überstiegen. Vorerst hält uns noch die Landschaft bei der Stange doch die letzten Kilometer bis es zum Campingplatz runter geht, ziehen sich und wie schon so oft auf dieser Tour sitzt uns auch mal wieder die Dämmerung im Nacken.
Endlich an der Abzweigung angekommen, geht es 6 Kilometer steil den Berg runter und da es natürlich wieder kein Schild gab packt mich mal wieder die Angst unten könnte kein Campingplatz sein. Ich halte zweimal an, um zu fragen und lasse es dann rollen.
Als wir unten ankommen ist es Dunkel und wir sind ganz schön geschlaucht. Ausnahmsweise hatte ich diesen Campingplatz gebucht, denn hier wollte ich kein Risiko eingehen. Wir schleppen uns unzählige Stufen zur Rezeption hoch. Oben angekommen heißt es dann ich hätte nur einen Tag gebucht und es sei unklar, ob wir länger bleiben können. Vor meinem inneren Auge sehe ich mich, wie ich mich am nächsten Morgen 6 Kilometer den Berg hochquäle und werde richtig sauer. Der Typ an der Rezeption lächelt dämlich und tut so, als würde er mich nicht verstehen. Jana versucht mich zu beruhigen und ich sehe ein, dass ein Wutausbruch uns jetzt auch nicht weiter bringt. Also stapfen wir zurück zu unseren Rädern, wo schon jemand auf uns wartet, um uns unseren Platz zu zeigen. Was er uns dann stolz präsentiert haut jedoch dem Fass den Boden aus. Vor uns liegt ein überdachter Platz mit Kunstrasen und an der Decke baumenlt eine kitschige Wohnzimmerlampe. Ich merke, wie die gerade heruntergeschluckte Wut die Überhand zu übernehmen droht, hole einmal tief Luft, schließe die Augen und hoffe, dass ich in einer anderen Welt wieder aufwache. Was natürlich nicht funktioniert und so stoße ich ein verzweifeltes NO hervor. Der Gedanke die wohlverdiente Pause in einer der schönsten Gegenden der Welt unter einer Wohnzimmerlampe auf Kunstrasen zu verbringen raubt mir gerade die letzten Lebensgeister. Der Mann scheint meine Verzweiflung zu bemerken und zeigt uns einen weiteren Platz. Er ist zwar winzig und außer unserem Zelt hat hier wirklich nichts Platz aber wir nehmen ihn. Auch ein kurzer Blick an den Strand trägt nicht unbedingt dazu bei unsere Stimmung zu heben, doch wir beschließen für heute keine Entscheidung mehr zu treffen, kochen noch und fallen ins Bett.
Am nächsten Morgen ist aus dem Strand zwar immer noch kein Traumstrand geworden, aber im Großen und Ganzen sieht die Welt schon besser aus. Wir klären die zweite Übernachtung, der Typ an der Rezeption ist mir über Nacht übrigens keineswegs sympathischer geworden, und verbringen einen erholsamen Tag am Strand.
Von Marina di Cantone nach Sorrent
Die Pause hat wirklich gut getan, denn der Aufstieg vom Campingplatz zurück zur Straße ist zwar anstrengend aber keinesfalls so schlimm wie befürchtet. Mit Blick auf Capri geht es auf einer landschaftlich tollen Strecke in Richtung Sorrent.
Die Sonne haben wir übrigens nicht bei Capri im Meer versinken sehen, denn beide Campingplätze lagen hierfür mehr als ungünstig. Dafür kommt bereits nach wenigen Kilometer die letzte Kurve, die uns noch den Blick auf den Vesuv versperrt hat. Wieder macht sich dieses Gefühl breit, was ich immer bekomme, wenn ich an irgendwelchen besonderen Punkten mit dem Fahrrad bin. Ich kann es einfach nicht beschreiben es ist irgendwie so ein: Wahnsinn, du bist hier echt mit dem Fahrrad. Bei unseren ersten Touren musste ich in diesen Situationen sogar immer weinen.
Wie geplant kommen wir früh auf dem Campingplatz an und haben so noch Zeit für einen Stadtbummel. Der Campingplatz ist riesig, doch statt uns einen Platz in der Nähe der Rezeption zu geben, werden wir in den letzten Winkel gebracht und müssen zum Buss eine gefühlte Ewigkeit laufen. Wir beschließen das Zelt für die eine Nacht nicht aufzubauen, gehen duschen und machen uns auf den Weg in die Stadt. Sorrent enttäuscht uns allerdings, denn in der sicher schönen Altstadt reiht sich ein Tourishop an den anderen und so kaufen wir nach einem kurzen Bummel noch etwas ein und fahren zurück zum Campingplatz, wo wir die tolle Aussicht genießen und um unsere letzten Urlaubstage trauern.
Von unsrem Platz haben wir einen tollen Blick auf Sorrent und Neapel und als es beginnt zu dämmern werden wir Zeuge einer unglaublichen Geräuschkullisse. Je nachdem von wo gerade der Wind kommt hören wir Pop, eine Oper, ein Klavierkonzert oder eine Geige.
Von Sorrent nach Neapel und weiter nach Ostia
Etwas wehmütig machen wir uns auf die letzte Radetappe unserer diesjährigen Reise und erklimmen den letzten Berg. Neapel immer vor Augen geht es nun relativ eben weiter, allerdings ist auf der Straße recht viel los und in den Ortschaften geht es oft nur stockend voran. Die letzten 10 Kilometer werden dann noch einmal zu einer echten Herausforderung, denn wir fahren auf Kopfsteinplaster der übelsten Sorte. Man könnte meinen, die Straße stammt noch aus der Zeit der Römer und wir schaukeln Kilometer für Kilometer nach Neapel. Welche Auswirkungen diese Straße auf den Po hatte überlasse ich mal deiner Phantasie. In Neapel dann endlich Entlastung, wir fahren wieder auf Asphalt und finden auch schnell den Bahnhof. Aus irgendeinem Grund waren wir im Vorfeld davon ausgegangen, dass hier alle naselang ein Zug Richtung Rom fährt. Nun müssen wir feststellen, dass dem nicht so ist und wir noch 2 ½ Stunden warten müssen. Das bedeutet jedoch auch, dass wir erst um 20.00 Uhr in Palomba ankommen, von wo aus es weiter nach Ostia gehen soll. Aber gut es hilft ja alles nichts, wir machen es uns in einer Ecke des Bahnhofs gemütlich und stellen uns schon einmal darauf ein, dass wir wieder in der Dämmerung radeln werden.
Nach besagten 2 ½ stunden sitzen wir glücklich im Zug, doch dieses Glück hält nur bis wenige Kilometer hinter Neapel, denn da steht der Zug zum ersten mal und erst nach einer gefühlten Ewigkeit geht es endlich weiter allerdings nur bis zum nächsten Bahnhof, wo wir erneut stehen. Niemand kann uns sagen wann es, wie es und ob es überhaupt weiter geht. Wir fühlen uns wie bei der Deutschen Bahn müssen jedoch auch einsehen, dass es stockdunkel sein wird, wenn wir in Palomba ankommen.Wir überlegen hin und her, ob wir weiter bis nach Rom und erst am nächsten Tag nach Ostia fahren sollen steigen dann aber doch in Palomba aus. Wir hatten uns eigentlich keine großen Gedanken darüber gemacht, was uns in Palomba erwartet, sind dann allerdings doch etwas überrascht, denn wir finden uns auf einem einsamen Bahnsteig mitten in der Pampa wieder, von einem Dorf oder auch nur einem Haus ist weit und breit nichts zu sehen. Jana übernimmt mit der Taschenlampe vom Handy die Vorderbeleuchtung und ich bilde mit der Stirnlampe das Schlusslicht und wir machen uns auf den Weg durch ein weitläufiges Industriegebiet. Außer uns scheinen nur die bereits bekannten Prostituierten und ihre Freier unterwegs zu sein. Dies macht die Situation zwar nicht prickelnder, erleichtert aber das Fahren und den Gedanken, dass vielleicht einer auf die Idee kommen könnte sein Geld zu sparen schiebe ich so weit weg wie irgend möglich. Nach 7 Kilometern erreichen wir endlich einen Ort und erst da merke ich, dass ich die ganze Zeit total angespannt auf meinem Rad gesessen habe. Im Ort gibt es mehrere Hotels, doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund entscheiden wir uns weiter zu fahren. Nach weiteren drei Kilometern erreichen wir das Meer und hier steppt tatsächlich der Bär und wir sind überzeugt das schlimmst hinter uns zu haben. Für die weiterfahrt stellen wir uns eine von Bars und Hotels gesäumte Straße vor, nach einigen Kilometern sehen wir ein, dass hier wohl eher der Wunsch der Vater des Gedankens war, denn schließlich befinden wir uns in einem Naturschutzgebiet. Also geht es gefühlte 100 weitere Kilometer durch die Pampa, wo uns nur ab und an ein Auto begegnet. Um unkt 24.00 Uhr erreichen wir endlich unseren Campingplatz. Froh, diesen Tag überlebt zu haben knallen wir unsere Isomatten unter einen Baum, sagen noch kurz dem Nachtwächter Bescheid und schlafen ein.
Wir faulenzen noch zwei Tage in Ostia und dann ist eine unserer schönsten Radreisen leider auch schon wieder zu Ende.
Du möchtest auch noch über die restliche Reise lesen, dann schau doch einfach hier vorbei:
- Mit dem Fahrrad kreuz und quer durch Italien – Die Abruzzen
- Mit dem Fahrrad kreuz und quer durch Italien – Der Gargano
Natürlich freue ich mich auch über deinen Kommentar.
Liebe Anja!
Ich habe gerade in deinem Blog geschmökert…. Einfach toll, was du da machst und wie du schreibst. Ich habe mich sehr gut unterhalten und informiert gefühlt! Bei der Beschreibung des Zeltplatzes mit der Wohnzimmerlampe habe ich sogar herzlich lachen müssen! Ich schreibe auch einen Blog über Radreisen in Italien. Mein Ziel ist es, den italienischen Stiefel mehr oder weniger alleine mit dem Rad zu umrunden. Vielleicht möchtest du auch mal einen Blick reinwerfen… Du findest mich unter italobikerin.at
Ganz liebe Grüße
Alice
Hallo Alice,
da haben wir ja mehr oder weniger den gleichen Plan. ich mache es allerdings in Etappen. Dieses Jahr ist allerdings erst noch Sardinien dran. Danke auch für den Tipp mit deinem Blog. ich habe schon fleißig gelesen.
Liebe Grüße
Anja
Diese späten Ankünfte kommen uns sehr bekannt vor. Schöner Bericht.
Grüße Silke
Hallo Silke,
da bin ich ja froh, dass nicht nur wir so verpeilt sind. Dieses Jahr hat es uns allerdings auch wirklich oft erwischt.
Liebe Grüße
Anja