Ich glaube, ich kann guten Gewissens von mir behaupten, ein Minimalist zu sein.  Ich liebe es draußen zu sein und hasse geschlossene Räume. Das geht so weit, dass ich ab Ende März bis spät in den Herbst hinein auf dem Balkon sitze und arbeite, wenn es sein muss eben in dicker Jacke und mit Decke. Dementsprechend gerne schlafe ich im Zelt. Ich liebe es, wochenlang abends auf der Isomatte vor meinem Zelt zu sitzen und auf meinem Sturmkocher etwas leckeres zu kochen. Ein Campingplatz ist für mich gut, wenn die Heringe einigermaßen in den Boden gehen, aus der Dusche warmes Wasser kommt und die Toiletten sauber sind. Klar gibt es da Abstufungen. Warmes Wasser zum Spülen ist nicht zu verachten, und wenn die Sanitärgebäude nett gestaltet sind, finde ich es auch schöner als mich in einem Container zu waschen, aber wirklich wichtig ist es nicht. Viel entscheidender ist für mich, ob ich zwischen Wohnwagen stehe oder mir eine Wiese mit anderen Zelten teile. Ich will nicht abstreiten, dass ich nach einer anstrengenden Tour schon das ein oder andere Mal neidisch auf ein schickes Hotel geblickt habe, aber auf das Zelt zu verzichten und stattdessen in Hotels zu übernachten, das wäre für mich keine Alternative.

Wenn ich aus verschiedenen Gründen doch auf ein Hotel oder Ähnliches angewiesen bin, dann buche ich in der Regel die billigste Unterkunft, die es vor Ort gibt. Warum soll ich viel Geld für etwas ausgeben, was ich eh verschlafe?

Dann gibt es aber auch die Momente im Leben, wo ich einfach mal abschalten und entspannen möchte, wo ich umhegt und umpflegt werden möchte und ich mich um nichts kümmern muss und es mir einfach mal gutgehen lassen möchte. Wie praktisch, dass genau zur richtigen Zeit Anja von travel on toast und Janet von teilzeitreisender zum 11. Kölner Reisebloggertreffen ins Atlantic Grand Hotel Travemünde geladen hatten, was übrigens mal wieder hervorragend organisiert war.

Atlantic Hotel TravemündeMeine Ankunft im Atlantic Hotel Travemünde

Am Nachmittag stand ich dann ziemlich abgelatscht, denn ich hatte mir noch Lübeck angesehen, und vom Ostseewind zerzaust vor dem Atlantic Superior Hotel. Nachdem ich die Glastür am Eingang geöffnet habe, schwingt vor mir eine alte Tür mit Gitterfenstern auf und ich betrete die geschmackvoll eingerichtete Lobby. Irgendetwas scheint mich zu umgeben, doch ich kann nicht genau fassen, was es ist. Das denkmalgeschützte Haus versprüht sofort seinen Charme und am Empfang rechne ich fast damit, einen großen alten Schlüssel zu bekommen. Dem ist natürlich nicht so, denn das Haus ist mit allen technischen Raffinessen ausgestattet. Da ich nur eine etwas größere Handtasche dabei habe, verzichte ich darauf, mir das Gepäck auf das Zimmer bringen zu lassen und wähle die große Treppe, um zu meinem Zimmer zu gelangen. Die Treppe knirscht und erzählt mir mit jedem Schritt eine Geschichte aus vergangenen Zeiten. Beispielsweise von der Einweihung des Hauses als Kursaal 1914, von den 30er Jahren als hier im Sommer rund um die Uhr gefeiert wurde, von den vielen Verletzten die hier zum Ende des 2. Weltkrieges unterkamen, von seiner Zeit als es als Casino berühmte Persönlichkeiten empfangen hat aber auch von der Übernahme durch die Atlantic Hotel Gruppe und die Modernisierung im vergangenen Jahr.

 

Zur Geschichte des heutigen Atlantic Grand Hotel Travemünde

Das Gebäude, in dem sich das heutige Atlantic befindet, wurde 1808 erbaut und 1914 als Kursaal eröffnet. Eigentlich sollte der Kursaal zum Mittel- und Anziehungspunkt des Seebades werden, doch der Ausbruch des Ersten Weltkrieges ließ diese Pläne scheitern.

In den 20er Jahren wurde der Kursaal schließlich seiner Bestimmung zugeführt und zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in Travemünde. In den 30ern gab es dann erneut Veränderungen. Im Erdgeschoss zogen neue Läden ein und eine Bar für die prominenten Besucher wurde eröffnet. Die damalige Pächterin Martha Langer veranstaltete neben den Kurkonzerten ihr eigenes Musikprogramm und bis zum Zweiten Weltkrieg war der Bereich um den Kursaal voller Leben.

1944 wurde das heutige Atlantic Grand Hotel Travemünde zum Lazarett umfunktioniert und anschließend von den Briten zur Truppenversorgung genutzt.

Ender der 40er Jahre konnte sich Travemünde dann bei der Vergabe der Spielbanken Konzessionen durchsetzen und im Juni 1949 wurde aus dem ehemaligen Kursaal ein Casino. Mit Beginn des Wirtschaftswunders boomte der Casinobetrieb und Prominente wie Curd Jürgens, Kaiserin Soraya von Persien, Aristoteles Onassis, Kirk Douglas, und Sophia Loren gaben sich die Klinke in die Hand. Auch der Nachtclub „Belle Epoque“ war legendär und Stars wie Lys Assia, Laie Andersen, Vico Torriani, Marlene Charell, Josefine Baker, die Kessler-Zwillinge, Bruce Low und Roberto Blanco traten hier auf.

In den 70er Jahren endete der Boom und in Travemünde kehrte wieder Ruhe ein. 2005 erstrahlte das alte Gebäude als Colombia Hotel in neuem Glanz und das Casino nahm nur noch einen Seitenflügel ein, bis es 2012 nach Lübeck umzog. 2015 übernimmt die Atlantic Hotel Gruppe das denkmalgeschützte Haus und eröffnet nach Modernisierungsarbeiten 2016 das Atlantic Grand Hotel Travemünde.

Mein Einzug in die Gemächer des Atlantic Hotels Travemünde

Zimmer Atlantic Hotel Travemünde

Und dann stehe ich auch schon vor meinem Zimmer oder sollte ich besser sagen vor meiner kleinen Wohnung? Ich betrete zunächst einen Raum mit Schreibtisch und Sitzecke, durch die nächste Tür gelange ich sozusagen in das Schlafzimmer und schließlich ins Bad, welches von beiden Zimmern zu erreichen ist. Mir stehen zwei Flachbildfernseher, eine HiFi-Anlage, eine kostenlose Minibar, zwei Waschbecken, eine Badewanne, eine Dusche und natürlich WLAN zur Verfügung.

Schlafen Atlantic Hotel Travemünde

 

Bad Atlantic Hotel travemünde

Dennoch hält es mich nicht lange auf meinem Zimmer und ich mache einen Spaziergang entlang der Promenade und schlendere durch die Straßen zurück.

Atlamtic Hotel Strand

 

 

Möwen Travemünde

In der Lobby angekommen treffen ich Caro, Simon und Denise , wir setzen uns in eine gemütliche Sitzecke vor einen offenen Kamin und quatschen. Und da ist es wieder dieses Gefühl, was ich nicht genau fassen kann, ich wundere mich nur etwas, dass man überhaupt nichts davon merkt, dass das Hotel ausgebucht ist.

Atlantic Hotel Lobby

Lange Zeit habe ich nicht, weiter über dieses Gefühl nachzudenken, denn wir treffen uns zum Come together mit kleinem Snack in der Hotelbar, wobei kleiner Snack maßlos untertrieben war. Wir schlürfen Cocktails, tauschen uns über unsere Reisen und Blogthemen aus und es wird ein richtig toller Abend.

Atlantic Hotel Snack

Irgendwann mache ich mich auf den Weg zu meinen Gemächern und falle in das frisch aufgeschüttelte Bett. Das Gutenachthupferl lässt mich an meinen Kater denken, der heute auf seins verzichten muss. „Ätsch, dafür bekomme ich heute eins“, denke ich und schnappe mir mein Buch.

Als ich am nächsten Morgen aufwache denke ich zunächst, dass es noch total früh sein muss, denn außer dem Wind, der um das alte Gemäuer pfeift, ist im Haus nichts zu hören – keine Klospülung oder Dusche aus dem Nachbarzimmer, kein Türenknallen oder Schritte auf dem Gang. Bei einem Blick auf die Uhr bekomme ich jedoch einen Schreck, denn es ist viel später als gedacht. Gut, zum Schwimmen im SPA Bereich reicht die Zeit nicht mehr, aber eine ausgiebige Dusche unter der Deckendusche gönne ich mir trotzdem. Das Frühstücksbuffet überfordert mich etwas, was soll ich bei all den leckeren Sachen bloß essen und eigentlich bin ich ja auch noch satt von gestern Abend.

Atlantic Hotel Frühstück 2

Atlantic Hotel Frühstück

Strand travemünde

Nach einem wahnsinns Frühstück mit einer unbeschreiblichen Aussicht geht es weiter im Programm. Theresa die Leisure Sales Managerin, die wir schon am Abend vorher kennengelernt haben und der Hoteldirektor Matthias Golze erzählen uns etwas über das Hotel. Ehrlich gesagt höre ich nur mit halben Ohr zu, denn ich versuche die ganze Zeit diesem komischen Gefühl auf den Grund zu gehen, welches mich seit Betreten des Hotels umgibt und plötzlich bin ich hellwach. Herr Golze erzählt etwas von dem Alleinstellungsmerkmal des Hotels: Ruhe und Platz- und genau das ist es. Mit Betreten des Hotels habe ich nicht nur eine Art Zeitreise angetreten, bei der ich förmlich die Frauen in weißen Kleidern und eleganten Sonnenschirmen über die Terrasse schlendern gesehen habe, hier herrscht irgendwie auch eine wohltuende Art von Stille. Obwohl das Hotel ausgebucht ist, kann man gemütlich in der Lobby sitzen, gibt es keine Schlangen am Büfett und auch morgens wird man nicht von den Geräuschen Anderer geweckt – ganz einfach aus dem Grund, weil das Hotel trotz des enormen Platzangebotes nicht die Zimmerzahl erhöht hat, sondern den vorhandenen Platz nutzt, um eben diese Ruhe zu verbreiten – ich glaube, mich hat ein Alleinstellungsmerkmal noch nie so überzeugt. Bevor wir wieder schlemmen wie Gott in Frankreich, erzählt uns Anja noch viel nützliches über Pinterest und wie wir es als Reiseblogger nutzen können.

Das Atlantic Hotel Travemünde heute

Das denkmalgeschützte Gebäude ist aufwendig, nach dem Motto: Moderne trifft auf Tradition, restauriert worden und läuft heute als fünf Sterne Superior Hotel. Die insgesamt 72 Zimmer umfassen die Kategorien Standard bis Suite und sind alle mit einer HiFi-Anlage, einem modernen Fernseher und einer kostenlosen Minibar ausgestattet, allerdings gibt es nur 12 Zimmer, die auch über einen Meerblick verfügen.

Im Spabereich laden eine finnische Sauna (90 °C), ein Sanarium (60 °C) und zwei Dampfbäder (45 °C / 55 °C) zum Schwitzen ein und ein 20 Meter Pool mit Ostseepanoramaprojektion eignet sich nicht nur zum Entspannen, sondern gibt auch ambitionierten Schwimmern genug Raum für ein paar Bahnen am Morgen.

Der Fitnessbereich ist mit modernen Cardio- und Kraftgeräten ausgestattet und auf Wunsch steht ein Personal Trainer zur Verfügung.

Für das leibliche Wohl wird im Restaurant Holstein’s gesorgt, wo man mit einem sagenhaften Ostseeblick regionale Küche genießen kann. Ferner stehen den Gästen eine Bar, die Lobby mit Sitzgelegenheiten und eine Raucherlounge zur Verfügung und nicht zu vergessen die Sonnenterasse mit Meerblick. Für Familienfeiern, Hochzeiten oder Ähnliches gibt es außerdem den historischen Ballsaal mit seiner ganz besonderen Atmosphäre.

 

Der Tag mit den Bloggerkollegen im Atlantic Hotel Travemünde

 

Mit vollem Bauch machen wir uns dann auf zu einer Schnitzeljagd 2.0. Mit einem I Pad bewaffnet haben wir 90 Minuten Zeit um Fragen zu Travemünde zu beantworten oder lustige Fotos mit Passanten zu machen. Obwohl ich anfangs wirklich skeptisch war, hat es riesen Spaß gemacht.

Am späten Nachmittag gehe ich noch einmal die alte Treppe herunter und höre mir zum letzten Mal ihre Geschichten an. Mit der Ruhe ist es spätestens in Hamburg vorbei. Der Zug ist rappelvoll mit angetrunkenen Fußballfans. Ich habe die Wahl mich zu einer Gruppe zu setzen, die einen frauenfeindlichen Witz nach dem Anderen loslässt, oder mich neben einen Mann mit großer Sporttasche auf dem Schoß zu setzen. Ich wähle den Mann und muss zwangsläufig mitbekommen, wie das Ehepaar hinter mir seine Probleme diskutiert, oder eben nicht diskutiert. Sie sagt, was sich ändern soll und er sagt: „ Ja, ja, aber“. Ich versuche, mich so gut es geht in mein Buch zu vertiefen. Als ich irgendwann aufblicke sehe ich, dass sich mein Nachbar einen Porno auf seinem Handy reinzieht, höre, dass die Witze ein paar Reihen vor mir immer niveauloser werden und sehne mich nach Travemünde. Ich muss daran denken, wie Herr Gotze beschrieben hat, dass die Tische im Atlantikhotel so angeordnet sind, dass man sich auch unterhalten kann ohne, dass das ganze Hotel weiß, worum es geht. Ich schicke ihm in Gedanken einen Daumen hoch und freue mich, dass ich in Hannover den Zug wechseln muss.

Mein Fazit von einer Nacht im Atlantic Hotel Travemünde

Ob das Hotel nun wirklich alle Erwartungen, die an ein Hotel in dieser Klasse gestellt werde auch wirklich erfüllt, kann ich nicht beantworten. Mir persönlich hat vor allem die Ruhe und die Geräumigkeit des Hauses gefallen, denn ich habe zu keiner Zeit gemerkt, dass das Hotel ausgebucht ist. Gleiches gilt für die tolle Lage und die geschmackvolle Kombination von Neuem und Historischen. Das Essen hat mir gut geschmeckt und da bin ich durchaus anspruchsvoll und auch das Frühstücksbufett ließ keine Wünsche offen. Ich habe die wenigen Stunden genossen.

 

 

Offenlegung: Die Übernachtungen im Atlantic Grand Hotel Travemünde hat das Hotel mir kostenlos zur Verfügung gestellt. Meine persönliche Meinung wird davon nicht berührt.

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